Ein voller Sack

Aus GSV

von Berthold Janecek

Da gibt’s doch diesen gewaltigen Sack mit den Tausenden von -ieren-Fremdwörtern, denen wir mit -or/-ar – öre/-äre sowie -oren beizukommen glauben. Ganz wenige nur, nämlich wenn sie deutsche Partikel aufweisen oder wenn sie – wie xylographieren – einen Witz ermöglichen, haben wir von der Einheitsbehandlung ausgenommen. Zwar fühle auch (mit diesem auch setze ich voraus, daß andere meine Meinung teilen) ich keine Lust, tief in jenen Sack zu greifen und das und das hervorzukramen; trotzdem gibt es einige Fälle, zu denen einem mehr einfällt als ein Schema.

Ich gratte (Variante für grub) eben gar nicht lang und tief. Hier nur drei Beispiele – für sicherlich viele mehr.

a) photographieren:
Für die Gegenwart ist das natürlich die falsche Ortografie. Da kann es nur heißen: Weg mit den griechischen ph-s!
fotografieren – fotografiert
Nun aber das Praeteritum. Da es Photos wohl schon vor der zugelassenen f-Schreibung gab, muß das ph erhalten bleiben. Da außerdem Phaos oder Phos, das Licht, eine gewaltige Naturerscheinung ist (und ganz unabhängig davon, ob der Mensch mit seiner Hilfe etwas in sensible Papierln schreibt, ritzt oder graphiert), muß das Verb im Praeteritum (und wohl auch im Konjunktiv II) trennbar sein. Die Endungen aber nehme ich von meiner xylographieren-Reihe aus unserer Liste. Also:
grapsor Photo gräpsöre Photo
Daß auch der Imperativ (2.P., Sg.) getronnen ist, hat die Ursache, daß hier erst in der Zukunft das Licht herangezogen werden soll, (in) etwas zu graphieren – also:
Grafiere Foto!
Leicht ist das P.P.P.:
Photo grammoren

b) xylographieren, die Zweite:
Gegenwart: Weg mit den (alt)griechischen, altväter(/-mütter-)lichen x, y und ph!
ksülografieren – ksülogräfiert
Praeteritum (+ Konj. II): Ähnliche Überlegungen wie unter a). Xylos, das Holz, ist als Stoff seit dem Erdaltertum vorhanden, also hunderte Millionen Jahre, bevor noch ein Mensch etwas darein ratz. Ergo:
grapsor Xylo – gräpsöre Xylo
Imperativ (Grafiere Ksülo!) und P.P.P. (Xylo grammoren) analog a)

c) philosophieren:
Gegenwart: Weg mit den ph-s!
filosofieren – filosofiert
Nun aber zum Praeteritum (+ Konj. II): philosophar/philosophor – -öre/-äre hieße das beim Pepionkel. Dabei wird nun so getan, als wäre der Teil -sophieren ein Verb (oder das Hauptverb), komme vom griechischen sophizein. Das war aber schon im Altgriechischen eine g’spriez’ne Annäherung an die Sophia. „Umeinanderweiserln“ kekünne man das ins Ostösterreichische übertragen. „Du filosovünvst, du stinkst nach Weisheit“, verspiältte wohl ein Zenmeister einen Schüler, Jahrzehnte bevor der selber Vieler, Mehrer und endlich Meister geworden ist. „Putz jeden Tag deine Reisschale blank &nash; und nach sieben Jahren kommst du wieder zu mir!“ – Nein, das kommt von „Die Weisheit lieben (philieren – filieren)“.
Daher folgende Formen:
philor Sophie – philöre Sophie
Imperativ: Filiere Sofie!
P.P.P.: Sophie philoren

So aufmerksam ginge ich in Einzelfällen vor – und ließe nicht immer nur ein Schema abschnurren. Denn solch ein Schema, solch ein Sack mit tausenden gleichartigen Körnlein (statt uns’rer oft erwahnenen bunten Vielfalt), die bällisören auch etwas Fremden Feindliches sün. Dächte ich doch.

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