Max und Moritz in Schüttelversen: Unterschied zwischen den Versionen

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Vorwort in Schüttelversen zu Heinrich Christian Wilhelm Busch (* 15. April 1832 in Wiedensahl; † 9. Januar 1908 in Mechtshausen) – mit einer kurzen Abschweifung zu Bertolt (Berthold Eugen) Brecht:
Vorwort in Schüttelversen zu Heinrich Christian Wilhelm Busch (* 15. April 1832 in Wiedensahl; † 9. Januar 1908 in Mechtshausen) – mit einer kurzen Abschweifung zu Bertolt (Berthold Eugen) Brecht:


=== Sechs Zeilen am Anfang ===
=== Acht Zeilen am Anfang ===


Busch? – Die Germanistin Zoë Heder<br>
Busch? – Die Germanistin Zoë Heder<br>
schrieb, Du ragest auf wie eine Zeder.<br>
schrieb, Du ragtest wie die hohe Zeder.<br>
Bauer von – trotz Spießer-Allergien –<br>
Bauer von – trotz Spießer-Allergien –<br>
zeitlos frischer Werke Galerien.<br>
zeitlos frischer Werke Galerien.<br>
(Meer – nicht Bach! – ‚Hans Generalbaß-Wastl‘:<br>
(Meer – nicht Bach! – ‚Hans Generalbaß-Wastl‘:<br>
Kümmert’s Riesen, wenn ich Zwerg was bastel‘?)<br>
Kümmert’s Riesen, wenn ich Zwerg was bastel‘?)<br>
Bin des trock'nen Tons nun satt<sup>1</sup>, bin Zecher.<br>
"Willi, auf Dein Wohl!" - Hier mein Zinnbecher!


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Ältester von sieben Rangen,<br>
Ältester von sieben Rangen,<br>
welche`s toll oft trieben, sangen. (?)<br>
welche`s toll oft trieben, sangen. (?)<br>
[Ich erspare Ihnen das ordinärere „… sich oft toll rieben …“. Schon gar nicht mache ich mich, als Schüttler, über „sieben Racker“ her. Hier verbirgt sich vielleicht der Neid eines altklugen Einzelkindes, dem daheim „niemand nie“ den … kraulte.]<br>
[Ich erspare Ihnen das ordinärere „… sich oft toll rieben …“. Schon gar nicht mache ich mich, als Schüttler, über „sieben Racker“ her. Hier verbirgt sich vielleicht der Neid eines altklugen Einzelkindes, dem daheim „niemand nie“ den … rieb.]<br>
Goethe, Shakespeare und Cervantes …<br>
Goethe, Shakespeare und Cervantes …<br>
Er las manches Buch, - wer sandt` es?<br>
Er las manches Buch, - wer sandt` es?<br>
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als nur Alltagsschleim erreichen.<br>
als nur Alltagsschleim erreichen.<br>
[In „Von mir über mich“ (1893) schreibt Busch über sein Forellenfischen. In diesem Text ist auch vom Vogelstellen – siehe oben:<br>  
[In „Von mir über mich“ (1893) schreibt Busch über sein Forellenfischen. In diesem Text ist auch vom Vogelstellen – siehe oben:<br>  
„… Fink, Fitis, Pirol?“ die Schreibe:  http://www.wilhelm-busch-seiten.de/werke/autobio.html]<br>
„… Fink, Fitis, Pirol?“ - die Schreibe:  http://www.wilhelm-busch-seiten.de/werke/autobio.html]<br>
Ehe die Entsetzten lügen,<br>
Ehe die Entsetzten lügen,<br>
liegt der Mensch in letzten Zügen.<br>
liegt der Mensch in letzten Zügen.<br>
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Weil sie das Gedöse brachen?<br>
Weil sie das Gedöse brachen?<br>
- Pinsel her. Zum Feinen neige<br>
- Pinsel her. Zum Feinen neige<br>
Ich. Die mich verneinen: Feige!<sup>1</sup><br>
Ich. Die mich verneinen: Feige!<sup>2</sup><br>




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hin die Pfeife, grauenhaft.<br>
hin die Pfeife, grauenhaft.<br>
Es sind nicht bloß Finten, das<br>
Es sind nicht bloß Finten, das<br>
Nacvhtgeschirr, das Tintenfaß,<br>
Nachtgeschirr, das Tintenfaß,<br>
Ofen, bei Komplexen Hitz’,<br>
Ofen, bei Komplexen Hitz’,<br>
Tisch, Bett – fliegt im Hexenblitz. –<br>
Tisch, Bett – fliegt im Hexenblitz. –<br>
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<sup>1</sup> Vergleiche:<br>
<sup>1</sup> Das erinnert an Goethes Faust 1 - Mephisto - Schülerszene:<br>
„When his words were finished the thief threw<br>      
»Ich bin des trocknen Tons nun satt,/ Muss wieder recht den Teufel spielen.«<br>
Both arms upward with figs on the ends<sup>2</sup><br>
 
And shouted: "Take them, God! They're meant for you!"<br>
 
''Dante, Divina Comedia, inferno xxv, 1.''<br>
 
''(Vanni Fucci, the thieve)''<br>  
<sup>2</sup> Vergleiche:<br>
<sup>2</sup> obszöne „Feige“-Geste<br>
Vergleiche:
Am Ende seiner Worte hob der Dieb<br>
beide Hände höhnisch empor mit dem Zeichen der Feige<br>
und schrie: „Da nimm, Gott, was ich dir verpasse!<br>  
- Dante, Divina Commedia, Inferno xxv, 1. (Vanni Fucci, der Dieb);
übersetzt von Adolf Anderau<br>
 
 
 


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Aktuelle Version vom 12. März 2018, 11:16 Uhr

Auszüge des Inhalts dieser Seite können Sie sich auch akustisch zu Gemüte ziehen, vorgetragen vom Autor:



Abgedruckt (Veruffentlachen) in mehreren Nummern der Kulturzeitschrift Tarantel, 2014
Herausgeber: Werkkreis Literatur der Arbeitswelt
Redaktionsleitung: Gerald Grassl (Wien), Michael Tonfeld (Augsburg)
Redaktionskollektiv: Isa Paape / Erlangen, Ulrich Bardelmeier / München, Norbert Büttner / Berlin, Ibrahim Kaya / Augsburg, Bratislav Rakic / Augsburg, Peter Schinke / Augsburg, Werner Lang / Wien
Die obigen Aufnahmen stammen von meinem Freund Norbert Novak. Danke, lieber Nobs!



Heinrich Christian Wilhelm Busch

Max und Moritz

Eine Bubengeschichte in sieben bösen Taten
Durchgeschüttelt vom Berthold Janeček

Vorwort in Schüttelversen zu Heinrich Christian Wilhelm Busch (* 15. April 1832 in Wiedensahl; † 9. Januar 1908 in Mechtshausen) – mit einer kurzen Abschweifung zu Bertolt (Berthold Eugen) Brecht:

Acht Zeilen am Anfang

Busch? – Die Germanistin Zoë Heder
schrieb, Du ragtest wie die hohe Zeder.
Bauer von – trotz Spießer-Allergien –
zeitlos frischer Werke Galerien.
(Meer – nicht Bach! – ‚Hans Generalbaß-Wastl‘:
Kümmert’s Riesen, wenn ich Zwerg was bastel‘?)
Bin des trock'nen Tons nun satt1, bin Zecher.
"Willi, auf Dein Wohl!" - Hier mein Zinnbecher!

- - -

Verse, scharf wie harte Zangen
ließen manches Zarte hangen.
Der Satire Sparte hieß
reimen wie der harte Spieß.
Doch Busch ‚trank nie schwarzen Wein‘,
war Poet, nie Warzenschwein.
Zeichnen wider straffe Schliche
duldet selten schlaffe Striche. –
Wilhelm war auch Biedermann,
malte streng im ‚Mieder-Bann‘;
war beim Pinseln keiner Sau gram. –
Doch beim Zeichnen war er grausam.
Selten war er fieser Maler.
Nie war er ein Mieser, Fahler. - -
Kaufmannssohn wie Brecht Bertl Eugen,
was – vielleicht – das Haupt lehrt beugen (?)
[In den Staaten, beim ‚Verhor‘,
brachte Brecht nicht viel hervor:] /brecht-aussage-kongress.html?single=1
Kindheit: nicht auf Pandafellen
Wie – ein Scherz! – Herr Van der Bellen.
Ältester von sieben Rangen,
welche`s toll oft trieben, sangen. (?)
[Ich erspare Ihnen das ordinärere „… sich oft toll rieben …“. Schon gar nicht mache ich mich, als Schüttler, über „sieben Racker“ her. Hier verbirgt sich vielleicht der Neid eines altklugen Einzelkindes, dem daheim „niemand nie“ den … rieb.]
Goethe, Shakespeare und Cervantes …
Er las manches Buch, - wer sandt` es?
Rubens, Hals: An alten Stars
lernte Busch gestalten – Ars;
in Antwerpen; blieb Kleinmeister,
an sich zweifelnd: ‚Ach, mein Kleister …‘
Schimpft in Rom sich: „Eine Klaue!“
Seine Heimat: „Kleine Aue.“
„Mich, Sixtina, schmetter nieder! –
Erster Comics netter Schmied er … - -
Hört Ihr`s dann, das reife Pfauchen:
Meister Busch beim Pfeife-Rauchen.
Weh! Er spürt – als zarter Mann –
all der Spießer Marterzahn,
der Verworfenheiten Brut –
auch unter dem breiten Hut.
Selbst sein trautes Wiedensahl
brachte Busch zum Sieden. – Wahl
fiel auf Bayern – bis Tirol.
Lockten Fink, Fitis, Pirol?
Was soll`n hier die lieben Sänger?
Muß ich Verse sieben länger?
Weist des Diebesgottes Flackern
schon auf Hühner, flottes Gackern?
[Die folgenden acht Zeilen sollen die Stimmung von Busch[en]s Einleitung „Max und Moritz machten beide, / …“ – mit mehr Bedauern - einfangen:]
Max und Moritz, arme Bengel,
wart nie – Gott erbarme! – Engel.
Winter, - Lesers Spaßritt - schneie. –
Schau, die schwarze Holzschnittreihe …
Busch, wenn ich auch seiner kicher …,
ganz fühlt sich wohl keiner sicher.

Knaben, ihr werdet am Ende zermahlen.
Kann man für kindische Streiche mehr zahlen?
- - -
Vor dem Sauseschritt der Zeit
Klecksel, mit Gezitter, schreit.
Schau, im Pfarrteich bei Mechthausen:
greiser Knopp ist beim Hechtmausen.
Besser einen Reim erschleichen
als nur Alltagsschleim erreichen.
[In „Von mir über mich“ (1893) schreibt Busch über sein Forellenfischen. In diesem Text ist auch vom Vogelstellen – siehe oben:
„… Fink, Fitis, Pirol?“ - die Schreibe: http://www.wilhelm-busch-seiten.de/werke/autobio.html]
Ehe die Entsetzten lügen,
liegt der Mensch in letzten Zügen.
Jetzt nützt kein Gebucke: Hein
hängt dich hin wie Huckebein.
Nützen dann die weichen Lagen?
Nein, du liegst im Leichenwagen.
Pfeifst am Totenwagen, Kleiber?
Nein, am Sarge klagen Weiber.
Schon bevor Busch – stumm – enträt
ist’s gescheh`n: sein Ruhm entsteht:
Für seine schwarzen bis scheckichten,
anarchistischen Bildgeschichten.
Bleibt der Kontrast von Dichtung -- und Not,
Weltkriegen mit Vernichtung und Tod. - -
LeserIn, Dir bleibt nun doch ein Schlehbissen.
Schmeck ihn! – Und ich will mein Vorwort hier schließen.



Postskriptum (siehe auch http://literaturkritik.de/id/6369)

Wie fran`s auch wendet, das fünfte Kapitel aus „Plisch und Plum“ (1882) kommt doch recht antisemitisch herüber. So beginnt es:
„Kurz die Hose, lang der Rock,
Krumm die Nase und der Stock, [Die „Krummnase“ gehört ins Bild wie, anderswo, der Knoblauch oder auch – etwa in Busch[en]s „Naturgeschichtliches Alphabet“ (1863) – die Zwiebel.]
Augen schwarz und Seele grau,
Hut nach hinten, Miene schlau –
So ist Schmulchen Schievelbeiner.
(Schöner ist doch unsereiner!)“
Wohl vergeblich war ich bemüht, durch Schüttelverse die Aussage freundlicher zu gestalten – ähnlich wie das mein Vater bereits im Wiener [Neustädter] Dialekt versucht hat (Plisch und Plum in deutschen Dialekten … ins Wienerische übertragen von Albert Janetschek ; mit Nachwort und Bibliographie herausgegeben von Manfred Görlach. – München: dtv: 1984. ISBN 3423102284/9783423102285 (pbk.):
Wider Gojims Raub am Stock,
Enger Straßen Staub am Rock,
Hut und Hose: blauer Schick,
Scharfer Weltbeschauer-Blick –
Mordechaj Meisel-Mergane.
(Plumper, blöder: der Germane!)
An der sechsten Strophe der Einleitung von „Die fromme Helene“ (1872) könnt Ihr Euch selber an Schüttelversen versuchen. Vielleicht (Hoffentlich) ist das „Tiefverderbt und seelenlos.“ lediglich Satire - ?


Max- & Moritzime

Bloß ein Flecken: Wiedensahl;
Los ein Necken, Sieden? Wahl
Fällt auf Max und Moritz. Wann
Zück ich Bild- und Wortwitz? Ran!
Wider noch so weise Lehren
Hieß es, sich - nicht leise - wehren,
Wider frommer Schächter Lallen
Ließen sie Gelächter schallen. -
- Neckten die mit bösen Taten,
Die sonst nur ums Dösen baten. -
Stehlen, früh bis vier gleich poltern,
Mensch, Tier fast vampirgleich foltern - -
Wollt Ihr's wissen? Erst erlaub ich
Gröbstes ihnen, wenn's erbaulich,
Laß voll Grimm sie stöhnen: Schule!
Schwarzrock auf dem schönen Stuhle! -
- Aber ach, ich sende Wehe!
Wenn ich auf die Wende sehe!! -
- War’n zwei Racker böse Drachen,
Weil sie das Gedöse brachen?
- Pinsel her. Zum Feinen neige
Ich. Die mich verneinen: Feige!2


Erste böse Tat

Menschenschuld am Leid zu zeihen,
Vögeln dafür Zeit zu leihen:
Weisheit ist’s der Leghorn-Bauern,
Die – Ei-Ei! - auf Hegborn lauern,
Feiertags Kantaten pressen,
Schmatzend Hühnerbraten essen;
Nicht nur lieben Frauen Eier,
Ruhen nicht im Rauen; feier-
(-)Täglich, flaumig: Daunenpolster;
Weichster der Kapaunen, dollster. -
Was ich hier leicht biet, Frau, wollte
Auch die alte Witfrau Bolte.
Hühner waren’s drei, Krummzehen
Und ein stolzer Hahn zum Krähen. -
Max und Moritz: Madenfutter!
Was tun wir der faden Mutter? –
- Eins , zwei, - ’s ist die Brust in Tücke -,
Schneiden sie sich Brot in Stücke,
In vier tückisch feine Dinger,
Dünn wie, Moritz, deine Finger.
Jene – ’s muß ein Mordswahn irr’n –
Binden kreuzweis sie an Zwirn,
Tragen’s – Ihr Gestalten, ahnte
Ich’s! – zum Hof der alten Tante. -
Kaum ward dies gesehn vom Gockel
Muß er, stolz, gleich gehn vom Sockel:
Volk, herbei! Kein Krauter, Häher
Lockt, ein kaum verhauter Kräher.
Jedes schlingt bloß trocken Brot,
Doch bringt jeder Brocken Tod;
Die durch böse List gefangen,
Ob ihnen noch Fist’ gelangen?
Reißen Kreuz und in die Quer,
Kommst du endlich, Quiqui, der
Flattern heißt die kleine Schar,
Dort im Sonnenscheine klar.
Lernt’s nie: hinter Gittern balgen,
’s wird ein Baum zum bittern Galgen. –
- Ihr Gesang wird bang, und länger
Wird ihr Hals, sooo lang, und bänger
Krächzen. – Am Gestänge harr
Letzten Eis – und hänge starr! -
Witwe Bolte reibt im Traume
Sich die Augen, treibt im Raume;
Tritt hervor, nun Weib, grein aus:
Ach, was war das für ein Graus!
„Welket Lilien und Zierähren,
Fließet aus dem Aug, ihr Zähren,
Was mich noch zum Reigen zwang,
Mit dem Tod in Zweigen rang!“
Weizen, Mais; kein Esser mehr.
Fast als schüf’ ihr Messer Ehr’,
Schneidet sie – Schnipp … - ab die Taue,
Denkt an das Tip-Tap, die Aue;
Hört sie mit dem schrillen Garren,
Noch nach Würmern, Grillen scharren …
Weil ich „Kein Getöse!“ bat,
Pst! – Die zweite böse Tat:


Zweite böse Tat

Bolte, die ‚Ach Herzschmerz!’ schmollte,
Pillen gegen Schmerzherz holte,
Kam auf das: Nicht dumpf sinnieren
Hier im Tränensumpf! Dinieren
Will ich, doch ’s wär Furz, ernährte
Fraß, den eine nur verzehrte.
Zwar bloß Hühner, keine Rinder,
Wart ihr mir fast reine Kinder. –
- Des Gegrübels grauer Troß
Blieb, wie war die Trauer groß;
Die die schwarze Karte zücken,
war’n einst gelbe, zarte Kücken.
Ihr, vom Todesleu erfaßt,
Federkleid am Feuer laßt. -
Ach, aufs Neu vergießt sie Tränen,
Doch den Spitz verdrießt sie – Gähnen …
Max und Moriz rochen Braten,
Die sie doch verbrochen hatten.
Die nichts auf die Bibel geben,
Klettern hoch zum Giebel, beben
Nicht. – Zeig’s, Rauchfang! – Hühner brutzeln,
Lecker sich in Brüh’n erhutzeln. –
Bolte geht zu keinem Übel
Kellerwärts, mit einem Kübel;
Fäßchen, stehst im Gang verloren,
Sauerkrauts, das lang vergoren,
Welches sie beim Speisen preist
Und somit beim Preisen speist. -
- Unterdessen – Ich fauch: Range! -
Was spult Max ab im Rauchfange?
Angeln ist’s, mit Vorbedacht
(Angler zahln dem Dorfe Pacht!) –
Schnipf! Hinauf auf – Keuch! – die Schindeln
Steigt Huhn eins, ich scheuch die Kindeln!
Schnapf! Der Henne folgt der Hahn.
Schnupf! Huhn drei folgt nachher dann.
Und gleich folgt das Brathuhn vier,
Alle, braun und fad, ruhn hier. -
- Wahr du, Spitz, die Frau, ‚Rauwau!’
Spar du Witz, bell ‚Wau’ – Frau! – rauh!
Max: Uhr zehrt! Ein wilder Stunter,
Stracks zur Erd, ein Stil, der munter. -
- Schnell – wie ich ins Plumpsklo seich,
Winters, kommt sie hoch sogleich,
Japs! – Vor Schreck zum Kropfe tapste
Sie; zum leeren Topfe krapste.
Hühner fort! Ihr Mund spie: „Witz
Ist das keiner mehr! Wie, Spitz??
Hab bei keinem Biß gemurrt!! –
Du bist eine Mißgeburt!!!“
Mit dem Löffel, lang, von Messing,
Kriegt er’s mittenmang, von Lessing
Stammt kein Fluch, der barsch anrennt.
Grundlos Spitzchens Arsch anbrennt. -
- Buben, ihr, im Grasgruen-Echten,
Schnarcht den Schlaf des Ungerechten,
Bein im Mund, nicht fein so, Herrn!
Wähnt ihr denn Freund Hein so fern?
Weil ich „Kein Getöse!“ bat,
Pst! – Die dritte böse Tat:


Dritte böse Tat

Böck: Vor Freund und Neider schmeißt er
Sich in Szen`, der Schneidermeister. –
- Alltagsjacken, Sonntagsfräcke,
Seidenhöschen, Frontagssäcke,
Spruch von Böck(?): Die Lodenhosen
Kleiden auch die Hodenlosen. –
Noch ein Seichtvers? – Trauersachen
Sind für alte Sauerdrachen. -
Kriegst du, alter Fink, zu flicken
Einen Riß, heißt’s flink zu - sticken,
Wär’s ein loser Blusenknopf,
ist’s leicht zu verknusen – Blopf!
Wieder dran! Beweist er: Merkt,
Liebe Leut`, ein Meister werkt! –
Simple Tracht verlandelt Weiber,
Maître Böck verwandelt Leiber! –
- Ist Herr Böck dein Feind, Gram und
Leid heißt’s für die Leut` am Grund. –
Max und Moritz: „Hurenstüpfer!
Was tun wir dem sturen Hüpfer?“ -
Vor des Meisters Atelier
Floß ein Bach zu Tale jäh.
Keine Marmor-Städterbrücke
Führt hinüber: Bretterstücke. –
Sie, mit einem Satze rege,
Sägen mit der Ratzesäge,
Ritzeratze! - `s galt. Späh auf,
Armer Schneider! – Spalt, geh auf. -
Als dies vorbereitet war,
wird die Kehl` geweitet, rar:
„He, heraus du, leck, Zeck, meck!
Schneider, Geißbock, schleck, meck, Zeck!!“ -
- Vieles tolerierte Böck;
Motten, vollbebierte Röck`;
Wenn ein Wort des Spottes traf,
Drang er auf ‚Pisspottes’ Straf. –
[Und bei schlechten Schüttelreimen,
Hieß ihn das Gerüttel schäumen.]
Sprung: die Schwelle, Elle schnelle.
Dell schnell Pelle, schnelle Elle!
Da, ein lautes „Geck! Leck! Meck!“
Und noch greller „Dreck!! Meck!! Leck!!“
Dürres Bein sticht auf die Brücke,
Kracks! Der Steg bricht auf, die Stücke
Schwimmen talwärts – Schneider: „Lecken!“
„Meck! …“ Weg ist er leider: Schnecken!
`s naht das End`. Hast rar gepudert.
Kommt ein Gänsepaar gerudert,
Lebensfadens feinen Bast
Böck bei Watschelbeinen faßt.
Festgekrallt, in Winden, lauen,
Flattert er zu linden Auen. –
Niemals, `s wär`, als blühe Moos,
Ist solch Vorfall mühelos.
Meck! schwang nach im vagen Mäh …
Böck litt schwer an Magenweh.
Seine Frau zieht Büge, leisen
Stils; - ihr heißes Bügeleisen
Schafft’s, daß er zur Spitze ruckt,
Stichling und Elritze spuckt. –
- Leute, Böck nicht mehr rauh stiert,
ist fidel und restauriert.
Weil ich „Kein Getöse!“ bat,
Pst! – Die vierte böse Tat:


Vierte böse Tat

Schule gehn heißt ein Beschluß.
Ist für Kindesbeine Schluß? -
- Nicht nur Blockschrift, vom Latein,
Bringt uns fort, landaus, talein;
Stockst bei manchem harten Wort?
Schrift ist selbst beim Warten Hort;
Nicht allein die Welt der Zahl
Ist dein Wigwam, Zelt der Wahl;
Weisheit kühlt, es brennt die Kunst,
Lehrer Lampel kennt die Brunst. -
Für den Lehrplan gilt: Halt Maß!
Wer dies Maß nicht hält, malt Haß. -
- Max und Moritz: „Alter Schwätzer!
Schwarzer, zugeschwallter Ätzer!“
Daß hier kein Verehrer lacht,
Darauf gib, o Lehrer, acht! -
Ohne Gottvertrauen grübeln
- ‚Ich muß mit den grauen Übeln,
Mit dem Mist raufen’, zu hauchen - ?
Wie ein Misthaufen zu rauchen,
läßt die Lust beim Pfauchen reifen:
Echte Kenner rauchen Pfeifen. –
- Willst hier Kokolores mehren
Und uns Kindern Mores lehren?
Max sagt nun zu Moritz wüst;
„`s Pfeifenrohr zum Schwarzwitz rüst!“ -
- Pfeife heißt nicht Turbansage;
Orgelspiel, am Urbanstage.
An Registern reißt er, Feger,
Dürr zwar, wie ein feister Reger;
Absolut ist sein Gehör;
Lampel: „Blätter um! He, Gör!“ -
- Was wir nun empfangen, life:
Spielt im Raum der langen Pfeif`.
Schon hält Maxens Hand die Röhr`:
„Füll ihm bis zum Rand die! Hör!“
„Schwarzpulver - kein Keifen! – stopf
Ich der Pfeif in’n steifen Kopf!“ –
Das sagt Moritz, „Aschenpapp
Für das Aas! Wir paschen ab!“ -
- ‚Süßer Knabenthierchen Chor!’
Lampel schließt das Kirchentor;
Und mit Buch und Notenzetteln,
Kritzeleien, Zotenetteln,
Trippelt er, als wär` er lila,
Zur arg kleinen Lehrervilla. –
‚Seltsam bröslig, von Batak?’ –
Er entzündet den Tabak.
„Wirst dich nie ausbreiten, Frust,
in der schuldbefreiten Brust!!!“
BUMM!! – tobt beim Zerhauen Kraft,
hin die Pfeife, grauenhaft.
Es sind nicht bloß Finten, das
Nachtgeschirr, das Tintenfaß,
Ofen, bei Komplexen Hitz’,
Tisch, Bett – fliegt im Hexenblitz. –
- Rauch zieht ab durch Fensterspalten.
Lampel, fast Gespenst er, Falten,
Blut, Ruß; Arme ragend, zuckt er;
Auf dem Rücken, zagend, ruckt er.
Den Magister nicht schwäch, Parze!
Sein Gesicht spielt ins Pechschwarze;
Kein erneuerbares Haar,
Du bist nun des Haares bar. -
Wer soll mittellosen Kindern
Ungeist, kittellosen, mindern?
Sonntags, wenn die Höll’ los ist,
Wer ist dann Musiksolist?
Hört man, nah, das reife Pfauchen
Wieder, Lampel Pfeife rauchen?
Pfeife hieß: Er kannte Brünste.
Hin ist sie – verbrannte Künste.

[Oder, vulgär:
Pfeife hieß: im puren Himmel.
Hin ist sie – ihr Hurenpimmel!]

Weil ich „Kein Getöse!“ bat,
Pst! – Die fünfte böse Tat:


Fünfte böse Tat

Sei’s am Land, sei’s kleine Stadt
- Alte Straßensteine, glatt -,
Suchst Du dort Palaver? – Brom
Für’s Gemüt -: ein braver Ohm. –
- Zeig, daß kein Verneiner kläffe:
„Grüß Sie!“ „Servus, kleiner Neffe!
- Brauch nun nicht Arrak, fürs Baucherl.
Bring mir doch Tabak, fürs Raucherl!“
Oder geht’s um Kreuz, um Buckel,
Sei nicht boshaft wie Pumuckel,
Laß nicht dräu’n die ranken Krücken.
Bursche, knet den kranken Rücken! –
Spott, Herr Busch? Wir lasen noch:
Mit der Pris’ im Nasenloch
Ist’s gar leicht zu detonieren.
„Helf Gott!“ wär’ dann zu notieren.
Oder kommt der Ohm nach acht
Heim, scheint’s spät. Er seufzt: „Ach, Nacht!“
Bring ihm `s Topferl, falls er farzt,
Und sein krankes Bein verarzt!
Ist mit jedem Trumm er Schlankel,
Mischst du ihm sein Schlummertrankel. –
- Max und Moritz: „Nicht ein Wamsel
Richten wir der Branntwein-Amsel. –
Wir spiel’n heute Freiraum-Katzen.
Onkel Fritz, du wirst kaum ratzen!“ –
Mir glaubt, nicht den Stänkerdirnen! - :
Spatzenhirne, Denkerstirnen,
Beide kennen ein Insekt:
Maikäfer, Biest, das sie neckt.
Max und Moritz pirschen kaum,
Schütteln sie vom Kirschenbaum.
Jeder füllt damit ein Sackerl
Und verläßt dem Fritz sein Ackerl. –
Flugs – Daß einer Deinen lecke! –
Unter Onkels Leinendecke!
Fritz, den einst die Macht benützt,
Geht zu Bett jetzt, nachtbemützt.
An der Träume Badhaus rüttel.
Sieh dich noch als Rathausbüttel(!)
Doch die Käfer nicht – Krack! – siechen,
Munter aus dem Strohsack kriechen.
Nun ist, Kerf, die Bühne dein,
`S krallt zur Nas` das dünne Bein.
Fritz greift zu: „Ein Inkubus!!
Eines Schreckenstraums – Bu! – Kuß!!“
Er läßt, voller Angst, kurz Fiste,
Springt hinaus aus der Furzkiste.
„Ich“, so ruft er, „hasse Faxen!
Was ist das? Ich fasse Haxen!“
Kribbel, krabbel, brumm und summ:
Heimsuchung – mit Summ und Brumm!
Bis es kein Geknitter macht,
Tötet Fritz. - - Fast Mitternacht.
Emmy, statt sich keck zu wehren,
Hat das morgens wegzukehren.
Fritz fühlt sich beim Flieder, Riede;
Träumend hört er Lieder. – Friede …
Weil ich „Kein Getöse!“ bat,
Pst! – Die sechste böse Tat:


Sechste böse Tat

Nicht nur tief in Klosterengen
Freut man sich an Osterklängen.
Zuckerwerk, des Leckers Beut`:
Machen’s fromme Bäckersleut.
Max und Moritz: Bäckersmann
Fällt nicht in Gemeckers Bann.
Torschloß sperrt die Kleinen aus:
Zu verzwickt für einen Klaus.
Diebesplan von Range – „Fein!“:
Mühsam beim Rauchfange rein. –
Wenn die Asche schwände: ‚Farz!’
Wer die Buben fände: schwarz.
Kch! – Die beiden husten Kehlmist,
Fallen, keuchend, in die Mehlkist.
Leib, Schuh’, Hosen, Wämserkreis,
Sind die beiden kremserweiß.
„ Brezeln! Dort, auf dem Gestell!
Stütz den Sessel! Ich steh, gell?
`S bricht der Sitz aus Bergschwaig-Tanne.
Schwapp!! Sturz in die Süßteig-Wanne.
Tief im Teig, mit Zucker, Korn,
Wächst beim Trübe-Kucker Zorn. –
Gleich erscheint der Bäckermeister;
Kurz nach dem Gemecker beißt er.
Geht’s zum Tod? Huh, euch droht Braus:
Er macht zwei Laib Franzbrot draus.
Zeigt Busch, daß der heiter schäufel`
Euch auf euer Scheiterhäufel?
Raus! – Der Bäcker: ‚Gaunerbrut
Ist als Bims, als brauner, gut.`
War’s das schon? – Wir lieben s’ eben …
Haben sie denn sieben Leben? –
Knusper, knasper! – Nagezahn.
Luft! Licht! - Nicht verzage! - nahn;
Bäcker muß starr stehen, giften
Sich: ‚Die beiden gehen stiften!`
Weil ich „Kein Getöse!“ bat,
Psst! – Die letzte böse Tat:


Letzte böse Tat

Max und Moritz, ach, wo seid
Ihr nun hin? – Es ist so weit!
Dort, mit Halsgerecke, sitzen,
Löcher in die Säcke ritzen?? –
- Seht, der Bauer Xaver Hackel
Stemmt sich so ein Hafersackel ! –
Kaum am Tor, von innen, ran:
Fängt das Korn zu rinnen an.
„Leichter wird’s!“ Sein Kiefer mammelt.
„Riech ich Teuxelsmief?“, er stammelt. –
- - ‚Her, ihr Mädels, geigt die Staude!
Max und Moritz! – `S steigt die Gaude.
Glück! – So wie auf Sohlen Kacke.’
Er hat sie im Kohlensacke. -
- „Still! Es ist zum Stühlemampfen.“
Hört man doch die Mühle stampfen. –
„Müller, pst!, weil ich mehr zahl!
Keine Fragen! Das zermal!“
„Gut, du Wicht!“ Der Trichter schlingt ’s
G’lichter, oder, schlichter, trinkt’s. –
Mir spricht das Getöse Bände,
Stampft den Takt für’s böse Ende.
Schrotgebild, der Steine Werke;
Wenn ich auch fast weine; Stärke!
Müllers Enten pecken Rares:
Ende eines Reckenpaares?

[Variante:
Enten picken Bitter-Rares.
Reste eines Ritterpaares?]


Schluß

Falls im Dorf wir die Wand meinen:
Nein. Es mußte niemand weinen. –
- Witwe Bolte, sie war gütig:
„Die zwei machten mich gar wütig!“ –
- „Bosheit bringt, in Klumpen, Leid!“ –
Böck rief`s - „- ist ein Lumpenkleid!“
- Lehrer Lampels Düsterwort:
„Das war IUS! Kein wüster Tort!“
- Drauf der Bäcker: „Schluck er Zecken,
Jeder Dieb! Kein Zuckerschlecken!“
- Fritz: „Die trachten, schlau zu plagen,
Hat eins grün und blau zu schlagen!“
Doch des Bauern Schnauze, kurz:
„Alles“ – war dem Kauze – „schnurz!“
Vom Gericht, vom fairen, schwätzen,
Führt heut’ oft zu schweren Fetzen.
„Unruhstifter ehre kein
Mensch! Die Ruhe kehre ein.“


1 Das erinnert an Goethes Faust 1 - Mephisto - Schülerszene:
»Ich bin des trocknen Tons nun satt,/ Muss wieder recht den Teufel spielen.«


2 Vergleiche:
Vergleiche: Am Ende seiner Worte hob der Dieb
beide Hände höhnisch empor mit dem Zeichen der Feige
und schrie: „Da nimm, Gott, was ich dir verpasse!“
- Dante, Divina Commedia, Inferno xxv, 1. (Vanni Fucci, der Dieb); übersetzt von Adolf Anderau



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