Kausativ

Aus GSV

Was sind Kausative?

Wenn Verben ausdrücken, dass etwas geschieht, drücken Kausative aus, dass jemand bewirkt, dass etwas geschieht. Im weiteren Sinne ist ein Kausativ schon so etwas wie Er ließ den Sheriff tanzen, Die Situation machte mich verzweifeln oder Clara bringt Klaus zum Singen, wo tanzen, verzweifeln und singen die Verben sind und das Bewirken durch andere Leute, Dinge oder Umstände mit Hilfe von lassen-, machen- oder bringen-Konstruktionen ausgedrückt wird.

Im engeren Sinne beschäftigen wir uns hier mit einer (bisher) kleinen Klasse von deutschen Verben, die die Bedeutung des Bewirkens selbst enthalten und direkt von Verben des Geschehens abgelitten sind. Beispiele:

Verb Kausativ dazu Beispielsätze
fallen fiel fiele gefallen fällen fällte fällte gefällt Der Förster fällte den Baum. Der Baum fiel.
saugen sog söge gesogen säugen säugte säugte gesäugt Die Sau säugte die Ferkel. Die Ferkel sogen.
sinken sank sänke gesunken senken senkte senkte gesenkt Der Zeremonienmeister senkte die Fahne. Die Fahne sank.
stehen stand stände/stünde gestanden stellen stellte stellte gestellt Sie stellte den Karton auf den Tisch. Nun stand der Karton auf dem Tisch.
trinken trank tränke getrunken tränken tränkte tränkte getränkt Die Bäuerin tränkte die Kälber. Die Kälber tranken.

Es fällt auf, dass alle Kausative schwach konjugoren werden. Noch...

Unsere Ziele

Breitere Bedeutungen

Nicht jedes Fallenmachen ist ein Fällen, nicht jedes Saugenlassen ist ein Säugen. Viele Kausative scheinen ihre Grundverben zu verleugnen und werden nur mehr in sehr speziellen (teilweise auch völlig gewandelten) Bedäuten gebroochen: Man kann eine Tanne fällen, aber keinen gegnerischen Mittelstürmer. Da vertut der gegenwärtige Sprachgebrauch magnifike Möglichkeiten zu kerniger Ausdrucksweise! Das wollen wir ändern.

Verb Kausativ dazu Bisher nur: Künftig auch:
blicken blecken Der Hund bleckte die Zähne. Ich erblickte die Alpen und bleckte sie meiner Frau.
essen atzen, etzen Der alte Jost atzte die Vögel. Sie etzte mich mit so vielen leckeren Dingen, dass ich zwei Tage danach noch nicht wieder essen konnte.
fallen fällen Der Förster erwischte ihn, wie er einen Baum fällte. Der Schiri sah, wie er den gegnerischen Mittelstürmer fällte.
fließen flößen Mutter flößte mir Lebertran ein. Ich flößte das warme Wasser in die Wanne.
saugen säugen Auch Schnabeltiere säugen ihre Jungen. Serverbetreiber in aller Welt säugen uns mit illegalen Dateien (wir „saugen“ sie).
schwimmen schwemmen Orkantief „Kleopatra“ schwemmte unseren Keller. Mein Vater schwemmte mich, als ich vier war. Mit fünf hatte ich den Freischwimmer.
singen sengen * Die Flammen sengten das Papier. Niemand sengt so gut wie unser Kantor.
springen sprengen Das Haus wurde gesprengt. Ein plötzlicher Schrei sprengte mich in die Luft.
stehen stellen Bitte stellen Sie die Tasse auf den Tisch! Manch einer möchte gern ein gestandener Mann sein. Er muss allerdingst erst noch gestellt (ähn, gestollen) werden.

* Dass sengen sprachgeschichtlich des Singens Kausativ sei, ist nicht bewiesen, wenn nicht sogar widerlegt. Es ist aber trotzdem eine schöne Vorstellung, dass das Zum-Zischen-Bringen durch Ankokeln eine Form von Zum-Singen-Bringen sei.

Verband mit Präfixen und Partikeln

Das Deutsche ist berüchtigt dafür, wie vielfältige Bedeutungen blasse Präfixe wie be-, er-, ent-, ver- oder zer- – und natürlich auch Partikeln wie auf-, vor-, unter- und viele andere – aus Verben herauskitzeln können. So erhielt meine Großmutter neulich, als sie sich in Moskau aufhielt, ein Paket und verhielt sich so, wie man es gemeinhin tut: Sie öffnete es. Es enthielt eine Katze. Zwar hielt meine Großmutter dem Absender die ungefragte Zusendung lebender Fracht vor, behielt die Katze jedoch und unterhält sie seither liebevoll.

Was für eine Verschwendung wäre es, die Vorsilben nicht auch bei den Kausativen zum Zuge kommen zu lassen!

Verb Kausativ dazu Beispielsatz
verbeißen verbeizen Die Politik ist völlig verbissen in das Thema Überwachung. Wer hat sie nur darein verbeizt?
erbleichen erbleichen (schwach) Das bleiche Gespenst erbleichte mich.
erfahren erführen Er hat es noch nicht erfahren. Wir müssen es ihm erführen.
einfallen einfällen Jetzt ist es mir eingefallen. Danke, dass du es mir durch die richtigen Hinweise eingefällt hast!
zerfallen zerfällen Das charakteristische Polynom zerfällt in Linearfaktoren, wenn ein emsiger Rechner es in Linearfaktoren zerfällt.
überfließen überflößen Dieser Tropfen flößt das Fass über!
begreifen begreifen (schwach) Wer’s noch nicht begriffen hat, dem muss es begreift werden.
abhängen abhängen (schwach) Ich hänge die Zensuren von eurer Mitarbeit ab.
verhaften verheften Geistige Faulheit verheftete sie den alten Methoden.
erkranken erkränken Die Reise hat ihn an Typhus erkränkt.
verlauten verläuten Hornstein verläutete, es werde Gehaltserhöhungen geben.
absaufen absäufen Es ist verdammt leicht, diesem Auto den Motor abzusäufen.
verstehen verstellen Ich glaube, jetzt habt ihr es mir verstellt. Endlich sehe ich klar!
aufstehen aufstellen Als er nicht aufstehen wollte, nahm ich einen Eimer kalten Wassers und stellte ihn auf.
betrinken betränken Claudia, die von sich aus nie Alkohol anrührt, betränkten sie hinterlistig.

Ipsive rückzüchten

Nicht jedes Verb, dass den Bewurk eines Geschehens ausdrückt, ist ein Kausativ zu einem anderen Verb, das das Geschehen selbst ausdrückt. Das lässt sich ändern. Nennen wir das so rückgezüchtete Gegenteil von Kausativ Ipsiv.

Verb Ipsiv dazu Beispielsätze
verdränge verdrängte verdrängte verdrängt verdringen verdrang verdränge verdrungen In dieser Region verdringen die Minderheiten immer mehr.
füttern fütterte fütterte gefüttert futtern fortt förtte gefortten Mein neuer Mantel futtert vortrefflich!
einheften heftete ein heftete ein eingeheftet einhaften hieft ein hiefte ein eingehaften Die Rechnung müsste dem Ordner einhaften.
verlegen verlegte verlegte verlegt verliegen verlag verläge verlegen Meine Uhr verliegt gerade.
aufschwemmen schwemmte auf schwemmte auf aufgeschwemmt aufschwimmen schwamm auf schwämme/schwömme auf aufgeschwommen Hast du sie mal gesehen in letzter Zeit? Sie schwimmt immer mehr auf vor Kummer.
versengen versengte versengte versengt versingen versang versänge versungen Leg das Kleid da nicht auf den Ofen, der schon viele Kleider versengt hat. Sonst versingt es.
fortsetzen setzte fort setzte fort fortgesetzt fortsitzen saß fort säße fort fortgesessen Wir werden die Serie im Herbst fortsetzen. Die Serie wird im Herbst fortsitzen.
verstellen verstellte verstellte verstellt verstehen verstand verstände/verstünde verstanden Das Barometer versteht. Jemand muss es verstellt haben.
tackern tackerte tackerte getackert tackern torck törcke getorcken Ich tackerte die Blätter gut. Der Stapel, den mein Chef später vorfand, torck fest zusammen.

Der böse, aber konsequente Gedanke, einzelne Verben zu schwächen, um die starken Formen für neu zu bildende Ipsive frei zu machen, sei hier nicht verboten. Das sähe dann zum Beispiel so aus:

Verb (geschwuchen) Ipsiv dazu Beispielsätze
ziehen ziehte ziehte gezieht ziehen zog zöge gezogen Ich ziehte den Wagen kraftvoll. Der Wagen zog schnell durch die Straßen.

Wir werden aber im nächsten Abschnitt sehen, wie jeweils beide Verben stark existieren und sich doch voneinander unterscheiden können.

Neue Kausative bilden

Kausativ transitiver Verben

Beim Kausativ intransitiver Verben kann das Nominativ-Subjekt des Ursprungssatzes zum Akkusativ-Objekt des Kausativsatzes werden:

  • Der Baum fiel. → Er fällte den Baum.

Will man nun den Kausativ transitiver Verben bilden, kann das Subjekt des Ursprungssatzes in vielen Fällen stattdessen zum Dativ-Objekt werden:

  • Das Volk hasste die Duden. → Der Diktator hetzte dem Volk die Duden.*
  • Ich habe es verstanden. → Ihr habt es mir verstanden.

* Umstritten ist, ob es sich bei hetzen um ein Intensiv oder um einen Kausativ zu hassen handelt. Wir nehmen hier mal Letzteres an.

Schauen wir nun, wie neue Kausativverben konkret gebolden werden können.

Mit Auflaut

Schlichte Vokalveränderungen sind das verbrittenste Rezept zur Kausativbildung:

Verb Kausativ dazu
hören hor hœre gehoren hüren hürte hürte gehürt
schmecken schmak schmäke geschmocken schmöcken schmöckte schmöckte geschmöckt
sehen sah sähe gesehen sühen sühte sühte gesüht

Verben auf -(s)sen

Etymogolisch belegt sind einige Kausative zu Verben, die auf -ssen enden:

Verb Kausativ dazu
essen äße gegessen atzen/ätzen/etzen atzte/ätzte/etzte atzte/ätzte/etzte geatzt/geätzt/geetzt
fressen fraß fräße frgegessen fretzen fretzte fretzte gefretzt
beißen biss bisse gebissen beizen beizte beizte gebeizt

Neue Kausative zu Verben auf -ssen werden demnach durch die Endung -tzen gebolden:

Verb Kausativ dazu Beispielsätze
küssen koss* kösse gekossen kützen kützte kützte gekützt Nachdem ich mich lange ihrer Küsse erwehrt hatte, kützte sie mich dennoch.
schließen schloss schlösse geschlossen schlietzen schlietzte schlietzte geschlietzt Ich konnte mich für keinen Studiengang entschließen. Mein Vater entschlietzte mich für Mathematik.

* Wir führen hier die von uns gestorkenen Formen an.

Kausative stärken

Mit Ablaut

Manche Kausativverben kann man stärken wie andere Verben auch – sie unterscheiden sich durch wunderbare Konsonantenwechsel hinreichend von ihren Grundverben. So ist bei uns schon lange folgender Stork von stellen üblich:

Verb Kausativ dazu
stehen stand stünde gestanden stellen stoll stölle gestollen

Mit Einwuchs

Viele Kausative unterscheiden sich nur durch den Stammvokal von ihrem Grundverb. Stammvokale aber sind genau das, was nach obigem Muster für die Konjugation verwandt würde. Das würde verwirrend und es gingen einem schnell die verschiedenen Vokale aus, um für beide Verben gut klingende Ablautreihen hinzukriegen:

Verb Kausativ dazu
fallen fiel fiele gefallen fällen fioll? fiölle fiollen?
saugen sog söge gesogen säugen sug? sag? süge? säge? gesugen? gesagen?
...

Eine Alternative ist eine ganz andere Konjugation für Kausative, eine mit Einwüchsen. Das ist verdeutscht für Infix und meint Silben, die in den Vergangenheitsformen nicht etwa vor, auch nicht hinter, sondern mitten in das Verb gestellt werden. Als Silbenlieferanten dienen lassen, machen, bringen und zwingen, die in Funktionsverbgefügen vielfach den kausativen Bedaut ausdrücken. Aus ihren Formenreihen

  • lassenließließegelassen und
  • machenmachtemachtegemacht (hier ungestorken, weil das dunkle a im Präteritum dem gewaltsamen Beiklang des Etwas-Tun-Machens besser Rechnung trägt), sowie
  • bringenbrachtebrächtegebracht und
  • zwingenzwangzwängegezwungen

kann man die ablautenden Silbenreihen

  • lali(e)li(e)la und
  • mamamama
  • bribrabräbra
  • zwizwazwäzwu

ziehen. Diese Silben werden dann in nun ohne Rücksicht auf Vokalkollisionen bildbare gestorkene Formen des Kausativverbs eingefügt.

Verb Kausativ dazu
fallen fiel fiele gefallen fällen fiemal fiele famallen
liegen lag täge gelegen legen lalieg liege lelagen
saugen sog söge gesogen säugen solig lige solagen
schallen scholl schölle geschollen schellen schobrall schöbrälle schobrallen
schwimmen schwamm schwämme/schwömme geschwommen schwemmen schwamamm schwämamme schwomammen
sinken sank sänke gesunken senken salink linke sulanken
versinken versank versänke versunken versenken versazwank versäzwänke versezwunken
sitzen saß säße gesessen setzen saließ saließe selassen
trinken trank tränke getrunken tränken tralink trälinke trulanken
ertrinken ertrank ertränke ertrunken ertränken ertramank ertränke ertrumanken
...

Bemorke:

  • Wenn die Sau ihre Ferkel säugt, dann lässt sie sie saugen, ein Glocke wird zum schallen gebracht, wohingegen ein Schiff, das versenkt wird, zum Versinken gezwungen wird. Von solchen Nuancen der Kausation hängt auch die Wahl des Einwuchses ab. Viele Fälle sind nicht eindeutig; Variation ist natürlich erloben.
  • Dank der zusätzlichen Silbe kann im Partizip II das ge- entfallen.

Quellen