Diskussion:Partizipation

Aus GSV
Version vom 15. Mai 2011, 09:21 Uhr von Kilian (Diskussion | Beiträge) (→‎Quirky Subjects)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Quirky Subjects

Sagt mal, ist "mir schwindelt" bzw. "mich friert" kein Beispiel für ein quirky subject? Ich glaube, wir hatten diesen Diskuss schon einmal, allerdings ist mir der Ausgang nicht mehr gewärtig.--AmelieZapf 09:53, 21. Okt. 2009 (CEST)

Ja, hier. Stimmt, das sind wohl Quirky Subjects, wobei ich damals schon nicht recht wusste, wie sich das genau definiert, was wiederum daran lag, dass mir nicht klar war, was ein Subjekt anderes sein soll als eine Ergänzung zum Verb, die im Nominativ steht, und Quirky Subjects sich ja gerade dadurch auszeichnen, dass sie nicht im Nominativ stehen. Fürs Deutsche funktionieren täte diese Definur: Ein Quirky Subject ist eine obligatorische Dativ- oder Akkusativergänzung zu einem Verb, das keine Nominativergänzung verlangt. Was den Terminus aber sinnlos erscheinen lässt, denn nicht die Ergänzung hat eine besondere Eigenschaft, sondern das Verb. Gisbert Fanselow scheint ähnlicher Meinung zu sein. --Kilian 13:04, 21. Okt. 2009 (CEST)

Insgesamt scheint das Phänomen in erster Linie Verben der Empfindung zu betreffen: mir dünkt/graut/schwant/träumt, mich friert/freut. Im weiteren Sinne gehören dahin auch noch Verben, die Subjekt und Objekt gewissermaßen vertauschen, so dass wie bei einer Passivkonstruktion das Subjekt das Patiens und das Objekt das Agens ist, beispielsweise: Das Essen brennt mir an./Mir unterläuft ein Fehler./Französisch fällt mir schwer, Musik hingegen leicht. Und zu guter Letzt gibt es noch Verben, die kein Objekt verlangen, bei denen das Subjekt aber ganz klar das Patiens ist: Das Glas springt./Der Krug zerbricht./Das Schiff sinkt. Das hat schon fast was von Baskisch mit seinen Ergativkonstruktionen.--AmelieZapf 16:45, 21. Okt. 2009 (CEST)

So, jetzt wissen wir mehr. Mein Bruder, seines Zeichens Germanist, hat mich aufgekloren. Bei den Verben dünken, grauen, schwanen etc. handelt es sich um sogenannte psychologische Verben, bei denen es grundsaltz zwei Kandidaten für das Subjekt gibt, den experiencer und den stimulus. Beide allerdings reißen sich nicht darum, im Nominativ zu stehen und so ist in der Regel beides möglich. In der älteren Variante steht der stimulus im Nominativ, ist er nicht bekannt oder unerhelb, wird er weggelassen, so dass ein Satz ohne Subjekt entsteht. Die neuere Variante hat den experiencer im Nominativ, z.B. "ich träume/graue mich, ich friere/freue mich". Bei seltenen Verben hat dieser Wechsel nicht stattgefunden und deshalb bleibt bei "dünken" und "schwanen" alles beim alten. Ferner existiert eine Übergangsform mit dem unpersönlichen es als Ersatzsubjekt, das dem Mangel an Subjekt abhilft: "es friert mich, es graut mir" etc.
Was nun "das Essen brennt mir an" usw. betrifft, so handelt es sich um einen Dativus incommodi (Pechvogeldativ) resp. einen D. commodi (das Wort Glückskinddativ war meinem Bruder aber nicht bekannt). Dieser gehört mit anderen Konstruktionen wie dem Pertinenzdativ (ich schneide mir die Fingernägel) in die recht schwer fassbare Gruppe der freien Dative.
Zu guter Letzt handele es sich bei Das Glas springt./Der Krug zerbricht./Das Schiff sinkt um sogenannte ergative Verben (ja, wie Baskisch), bei denen das Patiens im Nominativ sei. Diese zinchen sich aus durch die Unmöglichkeit, ein Passiv zu bilden, sie nähmen kein Nominalsuffix -er an (Sinker, Weggeher, Sterber gibt's nicht), bälden ihr Perfekt mit sein und ließen sich als Partizip II nicht attributiv verwenden (daran habe ich jedoch Zweifel und bin damit nicht alleine, denn auch H. v. Kleist kannte den zerbrochenen Krug).--AmelieZapf 18:28, 22. Okt. 2009 (CEST)
Söben las ich diese Passage noch einmal mit Genuss und Gewinn aus gegebenem Anlass, verspäteten verbindlichen Dank für diese Ausfuhren! --Kilian 09:21, 15. Mai 2011 (CEST)

Die Partizipation der Nomina

Noch was: wenn man die Partizipien etwas weiter fasst und nicht mehr nur Adjektive u.ä., sondern auch Nomina verpartizipiert, kommt man zu harrlen Ergebnissen: die schönen Verben "aben" für "Nacht werden", "tugen" für "moralisches Verhalten an den Tag legen" bzw. "gegen" für "sich im Gelände orientieren" finde ich durchaus festhaltenswert.--AmelieZapf 10:00, 21. Okt. 2009 (CEST)

Sehr schön! Immer her damit! --Kilian 13:05, 21. Okt. 2009 (CEST)