Die Sich-x-beinigung

Aus GSV

Ein G’schicht’l von Berthold auf der Suche nach einem stärkbaren Verb mit x.

Nun ja, hätte ich Kunde über jene Sonderformen des Schreibens gehieschen, über "xerographieren" und "xylographieren", ich hätte dem lockenden Inserate "Nachtschwarze Dozentin lehrt Altgriechisch" folgen müssen - und dazu ist Bertl, obwohl von einem Corpus obscenum vel phallosum im Palaeocortex des Telencephalons fast überziugen, zu seriös, zu grunderzzapfenfeige. Da bliebe ich doch bei der Hohen Minne, dächte etwa an meine alte Herzdame aus dem Burgenland - am aufragenden Leib wie eine der Madonnen Meister Pauls von Leutschau, des größten spätgotischen Altarschnitzers. Ach DU, Sappho Zvonarich, rohrdommeln und wiedehöpfeln mit DIR! Entzückende Verse durchschossen mich, etwa: Sieh, über manchem Fronleichnamsgebimmel / paaren sich Mücken am Junihimmel. Hüpfen wir, husch, aus den hindernden Wamseln, / rote Kroatin, zum Gimpeln und Amseln! DU, Sappho! - - - - - - Doch zurück zum Thema: Vor zwei Tagen ließ mir das mit dem "X-beinstrecken" keine Ruhe und ich wewoll Auskunft, hiesch sie - von den Medizinern. So rief ich erst berühmte Kliniken an, doch erhielt ich durchwegs die Antwort, telefonisch Auskunft ertielen sie nicht, nicht einmal über Sprachliches. Bequöme ich mich allerdings hin, wäre leicht disposoren. So schritt ich, durch Schnees Gewächt und Gestöber, überpfohchen von Dachlawinen, hinauf auf die Hügel, zu den meist klassizistischen, ergroenen Bauten. Dabei beglitt mich’s innerlich der starken Verben. Nicht Kindereien walz ich, wie transferieren, transtulor, transtülöre, translatoren, sondern die wirklichen Brocken lrohen (von lauern) – ordern oder gar erörtern – was schon ein hart Viertelstündchen nachgedonken heißt – wo denn nun das r unterkommen könne oder auch nur kekünne. Denn wer wewölle hier Geminierung, Deletion oder gar einen den Anlaut zerstörenden Sprung an die Spitze?

Indem ich solcherlei sannor, erriech ’ch das „Kronprinz-Rudolf-Hospital“. Und, leider, es versarch mir die Primaria Olga Spornkogler, es heiße schlicht „X-Beine strecken“. Das bestattog mir auch Dr. Igor Miretinski von der „Baroness-Mary-Vetsera-Stiftung“. Weiter & weiter kries ich herum, arr ich umher. Schon in der Finsternis gelong ich zum „Fritz-Grünbaum-Spitscherl“. Das aber ist, nicht nur dem Namen nach, alternativ und hängt baumhäusisch in einem Park, ein bisserl wie Tolkiens Lothlorien. In einem Korb hochgezogen, kam ich zu keinem Pädorthopäden, sondern die erste Ärztin, die ich traf, war Tiefenpsychologin: Dr. Ileana Traianescu-Maurocordato aus der Zitadelle von Sighisoara (UNESCO-Weltkulturerbe mit dem „Vlad-Dracul-Haus“, Transsylvania). Ich verrate nicht, was sie, statt eines weißen Arbeitsmantels, Schmuckes trug.

Von x-beinstrecken wußte sie in praxi nicht viel. Aber sie kenne ein anderes Wort – lalch sie, die Zähne stark geflotschen – für eine neurotische Störung. Wie die Baumhäuslerische umschrieb, ergönzen manche Menschen ein Jauche-Krüglein an Kränkung und Schaden (wie etwa X-Beine), vom Geschick über den Leib geschiutten, durch ein G’stocken-Bluts-und-Unrats-Faß, das sie sich selbst, ganz, ganz langsam, über die Seele gössen. Diese neurotische Addition werde sprachlich nur reflexiv verwonden und nenne sich, wegen der großen Qual: sich x-beinigen. – Ich glob es ihr gern und durchfursch, erst dankend, dann in Schweigen gehiullen, weggehend, die eigene Seel’ nach kleinen Anzeichen.

Brauch ich nur noch zu schreiben: sich x-beinigen, x-bienag sich (wie Bienenstiche) (oder bienag sich x), x-bienäge sich (bienäge sich x), sich ge-x-bienagen (sich x-gebienagen).

Zurück zu